Stellungnahme der SUISA zu Richtlinien-Vorschlägen der EU-Kommission
Die EU-Kommission hat Anfang Juli die neue Richtlinie betreffend Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften in Europa und die Vergabe von innereuropäischen Lizenzen für online Musiknutzungen veröffentlicht. Die SUISA begrüsst den Vorschlag der EU-Kommission in Bezug auf das Anliegen nach grösserer Transparenz bei den Gesellschaften durch strengere Rechenschaftspflichten. Die neue Richtlinie wird bei Einführung dazu beitragen, dass die Tätigkeit der Gesellschaften in Europa für Urheber und Verleger vergleichbarer werden.
Für die Schweiz ist die EU-Richtlinie nicht verbindlich. Die SUISA erfüllt jedoch die meisten der in der Richtlinie vorgeschlagenen Standards schon heute. Insbesondere die vorgesehenen Regeln zur Beteiligung der Mitglieder am Entscheidungsprozess der Gesellschaften sind durch das Schweizer Genossenschaftsrecht bereits garantiert. Auch die in der Richtlinie festgelegte Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften ist im Fall der SUISA schon seit Jahrzehnten etabliert und wird vom Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE) wahrgenommen.
Die Verwertungsgesellschaften haben sich zudem in ihrem Dachverband CISAC seit längerem bereits verbindliche Regeln zur Arbeit und zu Qualitätsstandards auferlegt.
Chaos bei Online-Rechtverwertung seit 2005
Die vorgeschlagene Richtlinie für die Vergabe von länderübergreifenden Lizenzen für online Musiknutzungen ist ein Versuch, das Chaos in der Rechteverwertung aufzuräumen, das die EU-Kommission mit ihrer Empfehlung im Jahr 2005 angerichtet hat.
Für Online-Anbieter wie Apple oder Amazon war es vor 2005 problemlos möglich, im jeweiligen Land die nötigen Lizenzen am Weltrepertoire bei der nationalen Verwertungsgesellschaft gebündelt zu erwerben. Mit der Empfehlung der EU-Kommission von 2005 wurde dieses funktionierende System umgestossen.
In der Folge haben grosse Musikverlage in Zusammenarbeit mit den grossen Verwertungsgesellschaften eigene Lizenzgesellschaften gegründet und den nationalen Verwertungsgesellschaften ihr Repertoire für die Online-Verwertung entzogen. Durch die Zersplitterung der Repertoires ist der Aufwand sowohl für Lizenznehmer als auch für die Verwertungsgesellschaften grösser geworden. Dadurch fliessen die Urheberrechtseinnahmen verzögert zu den Berechtigten.
Insbesondere haben weniger bekannte Rechteinhaber und dabei speziell die Urheber nicht von dieser Situation profitiert. Sie und ihre Gesellschaften müssen seither darum kämpfen, dass ihre Werke im innereuropäischen Markt überhaupt noch lizenziert werden können.
Neuer Vorschlag bringt keine Verbesserung
Der neue Vorschlag soll gemäss EU-Kommission die Situation des Rechterwerbs für Online-Musiknutzungen zugunsten von Konsumentern und Anbietern verbessern. Durch den Mangel an entsprechenden Kontrollvorschriften begünstigt die Richtlinie jedoch die Gründung von neuen Lizenzgesellschaften von Major-Musikverlagen. Diese dürften dann als Agenturen der US-amerikanischen Major-Verlagsfirmen den Markt (weiter) unter sich aufteilen. Der Erwerb von Lizenzen am unabhängigen Repertoire würde durch ein solches Vorgehen erschwert und verteuert, was auf Kosten der kleinen Gesellschaften und der europäischen Urheber geht. Die kulturelle Vielfalt in Europa würde dadurch nicht gefördert, sondern noch zusätzlich gefährdet.
Es ist zu bezweifeln, dass die vorgeschlagene Richtlinie in Bezug auf die Vergabe von innereuropäischen Lizenzen für Online-Musiknutzungen ihren angedachten Zweck des vereinfachten Rechteerwerbs erfüllt. Und es ist mehr als fraglich, ob sich die Situation für die Urheber und die kleinen Verwertungsgesellschaften mit diesem neuen Vorschlag verbessert.
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* Empfehlung 2005/737/EG der Kommission vom 18. Mai 2005 für die länderübergreifende kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten, die für legale Online-Musikdienste benötigt werden